Ein Aufruf gegen die Kriminalisierung von Sitzblockaden!
In Berlin stehen im Moment ca. 100 feministische Aktivist:innen vor Gericht. Ihnen wird „Nötigung“ vorgeworfen, weil sie im September 2019 den “Marsch für das Leben” blockierten. Jedes Jahr kommen dort rund 5.000 christlich-fundamentalistische Abtreibungsgegner:innen in Berlin zusammen – darunter auch Beatrix von Storch (AfD) und andere organisierte Rechte.
Am 3. Oktober 2020 kam es in Hohenschönhausen zu mehreren Blockaden eines Neonaziaufmarschs der Partei “III. Weg”. Auch diesen antifaschistischen Aktivist:innen drohen nun Verfahren wegen Nötigung.
Nötigung?
Als Nötigung (§240 StGB) gilt eine Tat, die andere durch Gewalt oder Androhung eines „empfindlichen Übels” zu Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen zwingt. Wo genau in den oben genannten Fällen die Gewalt oder das angedrohte empfindliche Übel liegt, bleibt jedoch schleierhaft. Was hier delegitimiert und kriminalisiert wird, ist das Engagement für eine solidarische Gesellschaft. Wir reden von Berlin 2021. Das gleiche Berlin, das sich rühmt, weltoffen und vielfältig zu sein.
In der Vergangenheit sind ähnliche Versuche Sitzblockaden als Nötigung einzustufen gescheitert und angebliche Verstöße gegen das Versammlungsrecht haben sich als juristisch nicht haltbar erwiesen.
In Bezug auf die Proteste 2019 besonders pikant: In die Strafbefehle war Oberstaatsanwalt Fenner involviert. Dieser ist bereits seit 2003 dafür bekannt, linke Aktivist:innen besonders stark und unverhältnismäßig zu verfolgen, während Neonazis mit Milde rechnen dürfen.
Was bedeutet das für uns?
Neben den juristischen Konsequenzen sind auch die finanziellen Belastungen durch die Verfahren ein Versuch, linken Protest durch maximale Repression möglichst klein zu halten, zu kriminalisieren und de facto zu unterbinden. Die Gesamtkosten für die Sitzblockade im September 2019 werden im oberen fünfstelligen Bereich liegen. Für Oktober 2020 kommen zusätzlich zu den Verfahren wegen Nötigung Kosten wegen angeblicher Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz hinzu. Dabei ist Infektionsschutz auch uns ein wichtiges Anliegen, alle trugen Masken und es gab ein umfangreiches Hygienekonzept. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern! Wir stehen zusammen!
Sitzblockaden dürfen nicht als Nötigung ausgelegt werden! Wir fordern von den Strafverfolgungsbehörden, die Anklagen zurückzuziehen und Sitzblockaden zukünftig als das zu werten, was sie sind: ein öffentliches Eintreten und Engagement für eine solidarische Gesellschaft.
Berliner Bündnis gegen Rechts & What the Fuck?! Bündnis Berlin